Mittwoch, 19. Juni 2013

Der erste Tag

Heute war der erste Termin, an dem ich mit meinem neuen Pflegepony Kim gearbeitet habe. Nach der Terminvereinbarung mit der Besitzerin der Stute am letzten Sonntag, wurde mir heute alles gezeigt und ich bekam auch noch ein paar wichtige Infos zu Kim, die für die weitere Arbeit nicht unerheblich sind.

Am Sonntag hatte ich mich ja schon von der grundsätzlichen Gutmütigkeit des Ponys überzeugen können - heute wollte ich testen, was sie denn so alles kann. Mein Plan war, sie in die Halle zu nehmen (denn die Sonne war auf dem Platz doch etwas zu heftig, um in der Mittagszeit dort zu arbeiten) und sie erst mal frei laufen zu lassen und dann zu sehen, welche Kommandos sie schon kennt und wie Haltung und Grundgangarten ohne Belastung sind.


Aber zuerst stand das Einholen aus dem Offenstall auf dem Programm. Das zweite Pferd im Paddock war etwas aufdringlich und es war gut, daß wir zu zweit waren, denn alleine wäre das nicht so einfach gewesen. Die Besitzerin wies mich darauf hin, das die beiden sich noch nicht so grün sind und man auch etwas aufpassen muß, daß man nicht zwischen die Fronten gerät, wenn man eines der Pferde rein oder raus nimmt.

Das Führen war kein Problem, aber das erste was Kim einfiel war am Wegrand zu naschen, das sehe ich nicht so gerne, wenn ich mit einem Pferd oder Pony arbeite. Ich werde darauf achten müssen, daß ich dieses Verhalten konsequent abstelle oder noch besser grundsätzlich verhindere, dann gibt es keine Diskussionen. Kim ist es wohl auch gewohnt, weit hinter der Führperson zu laufen, das finde ich auch nicht sehr wünschenswert. Mal ganz abgesehen vom unfalltechnischen Gesichtspunkt, möchte ich doch im Blick haben, was das Pony macht, mit dem ich mich gerade beschäftige...

Beim Putzen war Kim sehr brav, hat genau beobachtet was wir denn so tun und versucht, sich den Anschein zu geben, als wenn sie das alles nichts anginge. Das Hufe aufheben erforderte mehrere, deutliche Kommandos, als die Hufe oben waren, stand sie aber sehr brav. Die Stute kann problemlos überall geputzt werden und ist auch weder kitzlig noch nervös.

Die Vorderhufe sind beschlagen, ein Korrekturbeschlag nach Belastungsrehe. Die Stute stand wohl sehr lange drinne (mit 2-jährigem Fohlen bei Fuß, das immer noch gesäugt wurde) und war entsprechend ungepflegt und kantig (da nicht ordnungsgemäß beigefüttert), als sie von den jetzigen Besitzern übernommen wurde. Die Hufe müssen wohl sehr, sehr lang gewesen sein und konnten nicht in einem Anlauf korrigiert werden. Die Hinterhufe sind deutlich augebrochen und müssen dringend berundet werden. Auch ein Kürzen der Zehen (an allen Hufen) stünde meines Erachtens an. Der Termin mit dem behandelnden Hufschmied ist jedoch bereits vereinbart, der kommt in der nächsten Woche.

Der allgemeine Futter- und Pflegezustand der Stute zum jetzigen Zeitpunkt ist gut, es ist jedoch noch zu sehen, daß sie ein bißchen was aufzuholen hatte. Es sind keine Verletzungen oder ähnliches festzustellen. Die Stute ist grundsätzlich sehr ruhig, was aber auch an der derzeitigen Hitzeperiode liegen kann. Man muß jeden einzelnen Schritt fordern. Wenn die Stute zur Seite treten soll, oder auch einen Schritt nach vorne, bedarf dies mehrerer, deutlicher Aufforderungen und einem deutlichen Schieben in die richtige Richtung. Sie neigt dazu, sich etwas ins Halfter zu hängen um entspannt zu sehen. Auch beim Schieben reagiert sie erst mal mit Gegendruck, bevor sie in die gewünschte Richtung weicht. Hier müssen wir noch etwas üben...

In der Halle war die Stute nur schwer in Bewegung zu bringen, lief jedoch weitgehend taktklar. Grundsätzliche Stimmkommandos kennt sie in dieser Form nicht, auch nicht die freie Arbeit ohne Hilfsmittel. Sie neigt dazu, am Ausgang stehen zu bleiben um sich der Arbeit zu entziehen und kennt weder das Einholen in die Mitte, noch das Rausschicken auf den Hufschlag. Auch die Kommandos zum Richtungswechsel sind ihr fremd. Der Trab ist nicht ganz so wie man sich das wünschen würde und ist eher ein schnelleres Schlurfen, als ein taktklares Vorwärtsgehen. Hier sehe ich deutlichen Handlungsbedarf.

Die erste Lektion bestand darin, Kim erst mal am Laufen zu halten, damit sie nicht dauernd am Ausgang stehen bleibt. Dazu habe ich sie vermehrt auf den oberen Zirkeln und bei den Handwechseln gehalten. Das Kommando "Kehrt" war auch einer meiner Fokus-Punkte. Nach ein paar Versuchen hat Kim verstanden, was ich von ihr wollte und wendet auch mehr oder weniger direkt nach Kommando ab. Das Rufen in die Mitte der Bahn war mit einem Leckerli auch recht schnell zu bewerkstelligen. Das Rausschicken war schon etwas schwieriger. Aber auch das haben wir hin bekommen.

Alles in allem habe ich die erste Lektion bewusst sehr kurz gehalten. Ich bin der Meinung, daß ein effektives Training langsam gesteigert werden muß und nicht gleich mit einer 60-Minuten-Einheit begonnen werden kann, zumal wenn noch Basics wie Anbinden und Weichen geübt werden müssen. Alles in allem werde ich die Stute wohl genauso arbeiten, als hätte ich eines meiner Fohlen an der Hand. Also einmal ganz von vorne und in winzigen Schritten...

Die Nachversorgung mit der Kontrolle der Hufe war problemlos und ruhig durchzuführen. Beim Zurückbringen zum Paddock habe ich bewusst darauf geachtet, daß Kim garnicht auf die Idee kommt, am Wegrand zu naschen, das hat gut geklappt.

Als ich Kim auf den Paddock gestellt hab, kam das zweite Pferd mit angelegten Ohren auf mich zu. Durch deutliche Körpersprache und ein lautes Kommando konnte ich das Pferd soweit aus dem Konzept bringen, daß ich gefahrlos mit Kim auf den Paddock konnte, abhalftern und loben war auch kein Problem. Sobald ich jedoch "aus dem Weg" war, zickte das zweite Pferd wieder rum. Aber das müssen die beiden unter sich ausmachen, da mische ich mich nicht ein. Nur solange ich da stehe, hat das Gezicke zu unterbleiben. Mal sehen, wie es beim nächsten Mal ist.