Montag, 15. Oktober 2012

Der Kindergarten für Pferde

In der neuen Reihe über die Ausbildung des Pferdes möchte ich zuerst auf die ersten Unterrichtseinheiten eingehen, die ein Pferd benötigt. Diese beginnen bereits recht früh, denn schon das Fohlen sollte das eine oder andere lernen, das den Umgang und das Handling erleichtert und die Grundlagen für die spätere Ausbildung legt.


Je früher man mit den einzelnen Einheiten anfängt, desto besser. Und eine brave und gut ausgebildete Mutterstute macht das Erarbeiten der ersten Lektionen für das Fohlen noch viel leichter. Die Fohlenschule sollte unbedingt die folgenden Elemente enthalten:
  • Anfassen am ganzen Körper
  • Putzen (Kamm, Striegel, Bürsten, Schwamm, Fliegenspray, eben alles was man so braucht)
  • Hufe geben und auskratzen
  • Anlegen des Fohlenhalfters
  • Anbinden und ruhig stehen
  • Führigkeit am Halfter (Antreten, Stehen bleiben, Weichen)
  • Separieren von der Stute (z.B. Stallgasse oder Paddock)

Man sollte jedoch beachten, daß ein Fohlen sich nur sehr kurz konzentrieren kann und schon mit wenigen neuen Eindrücken ausgelastet ist. Keine der Unterrichtseinheiten der ersten 6 Monate sollte 10 Minuten überschreiten. Es ist auf jeden Fall sinnvoller zweimal täglich 5 Minuten regelmäßig zu üben, als alle 2 Tage eine Viertelstunde.

Die sich täglich wiederholenden Routine gibt dem Fohlen außerdem einen festen Rahmen für die spätere Arbeit und wird durch die vielen Wiederholungen als Basis gefestigt. So kann ein regelmäßiges Hufe heben, bevor es auf die Koppel geht schon bald zur Routine werden, vor allem wenn im Beisein des Fohlens alle Pferde die gleiche Routine durchlaufen.

Später stehen auch noch weitere Unterrichtseinheiten auf dem Programm, dann sollte das Fohlen jedoch bereits einige Wochen oder besser Monate alt sein. Es ist nicht sinnvoll mit den folgenden Lektionen zu beginnen, wenn die Basis noch nicht gefestigt ist. Nich nächsten Lektionen beinhalten:
  • Verladen
  • Hänger fahren
  • Hufschmied
  • Ausflüge ohne die Stute
  • Führigkeit (Antraben, Rückwärtsrichten)

Vor allem kurze, ruhige Ausflüge in die nähere Umgebung stärken das Vertrauen in den zukünftigen Partner und gewöhnen das Fohlen an Gegebenheiten, die ihm im Gelände immer mal begegnen können. Ein junges Pferd, daß bei kurzen Ausflügen schon vieles gesehen hat, wird auch später als Reitpferd nicht permanent vor seinem eigenen Schatten erschrecken.

Von Vorteil kann es auch sein, ein ruhiges und erfahrenes Pferd zur Begleitung mitzunehmen, am besten auch nicht direkt die Mutterstute, damit das Fohlen gleich lernt, mit (verschiedenen) anderen Pferden unterwegs zu sein. Ein erfahrenes Begleitpferd wird durch sein ruhiges Verhalten zusätzlich auch ungewohnten Geräuschen und Gegebenheiten den Schrecken nehmen und das junge Pferd nebenher noch neue Eindrücke leichter verarbeiten lassen, indem es die Sicherheit der Herde vermittelt, wenn es Neues zu entdecken gibt.

Grundsätzlich gilt: alles was das Jungpferd erlernen soll, muß spielerisch und ohne Zwang erfolgen. Die maximale Dauer der Ausflüge und Unterrichtseinheiten sollten 10 bis 15 Minuten nicht überschreiten, denn auch die Konzentrationsfähigkeit eines Fohlens das mehrere Monate alt ist, ist noch sehr kurz.

Die Zeitangaben sind Richtwerte für die konkrete Arbeit mit dem Fohlen, ein Fohlen beim Ausritt nebenher laufen zu lassen ist zwar auch lehrreich, aber nicht in meinem Verständnis eine Unterrichtslektion. Eine Unterrichtslektion beinhaltet immer ein gewisses Ritual, das dem Fohlen klar macht: "nun wird gearbeitet" und anschließend auch ein "jetzt ist die Arbeit vorbei".

Ein Beispiel für den Start einer Unterrichtseinheit könnte sein, daß man das Fohlen aufhalftert. Damit lernt das Fohlen gleich, wann es was Neues und Interessantes zu entdecken gibt. Die Verbindung Halfter = Neues und Interessantes passiert (und es gibt gegebenenfalls eine Möhre wenn ich brav gewesen bin) ist beim Fohlen sehr schnell hergestellt. Das abschließende Kontrollieren der Hufe mit Loben und Abhalftern könnte ein Zeichen für das Ende der Unterrichtseinheit sein. Auch die Folge: Möhrchen, Abhalftern und Klaps auf den Hintern mit Entlassen auf die Koppel ist ein deutliches Ende der Unterrichtseinheit und wird als solches wahrgenommen.